In einer Projektwoche «Wir bringen Geometrie zum Leuchten» entwarfen Lernende der Kantonsschulen Rotkreuz und Zug eigene Iffelen. Inspiriert vom Chlausjagen tauchten sie interdisziplinär in die Welt von Brauchtum, Mathematik und Gestaltung ein.

In wenigen Wochen ist es wieder so weit: Das Dorf Küssnacht feiert einen seiner ältesten und bedeutendsten Bräuche – das Chlausjagen am 5. Dezember. Bei diesem Umzug ziehen Männer mit kunstvoll gestalteten, leuchtenden Iffelen auf den Köpfen durch die dunklen Strassen. Der Ursprung des Brauchs liegt in heidnischen Zeiten: Damals glaubte man, das Licht vertreibe böse Geister und Dämonen. Später wurde das Ritual christianisiert und mit dem St. Nikolaustag am 6. Dezember verknüpft.
Anfangs Oktober setzen sich die Kantonsschulen in Rotkreuz und Zug intensiv mit dem Chlausjagen auseinander: Im Rahmen einer Projektwoche bauten die Schülerinnen und Schüler ihre eigenen Iffelen.
«Wir bringen Geometrie zum Leuchten»
Unter diesem Motto stand das interdisziplinäre Projekt. «Ziel ist es, dass die Lernenden die gotischen Formen verstehen, die in den Iffelen vorkommen. Darauf aufbauend sollen sie eigene Ideen entwickeln, skizzieren und schliesslich eine individuelle Iffele gestalten», erklärt René Kaeslin, Mathematiklehrer an der Kantonsschule Rotkreuz.
Das Besondere an dem Projekt: Es verbindet verschiedene Fachbereiche – geschichtliche Aspekte wie das Chlausjagen und die Gotik, mathematische Inhalte bei der Konstruktion sowie künstlerisch-gestalterische Elemente durch die Anwendung von Formen- und Farbenlehre.
Vom 29. September bis 3. Oktober arbeiteten die Schülerinnen und Schüler an ihren Iffelen, die sie als Tischlampen umsetzten. Im Innern sorgt eine Flaschengarnitur für die Halterung einer Glühbirne. Der Sockel besteht aus einem Kartonrohr, das die kunstvoll gearbeiteten Iffelen aus Fotokarton und Seidenpapier trägt. «Das präzise Arbeiten verlangte Zielstrebigkeit und Durchhaltevermögen», sagte René Kaeslin. Alle hätten sehr gut mitgemacht. Zum Abschluss der Projektwoche besuchte er mit den Schülerinnen und Schülern die gotische Kirche St. Wolfgang in Hünenberg.
Besuch in der «Kathedrale vom Land»
«Diese Kirche wird auch die ‹Kathedrale vom Land› genannt», sagte Sakristan und Restaurator Bruno Gaio, als er gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern die Kirche St. Wolfgang betrat. Seit 20 Jahren hütet er sie und kann sie lesen wie kein anderer. Er zeigte den Lernenden das sprechende Wunderportal, machte sie auf die stilisierten Passionsblumen an der Decke des Sakrariums aufmerksam und erläuterte ihnen, weshalb auf einem der Rosettenfenster Schweine abgebildet sind.
Auch offenbarte er ihnen, wie viel Spiritualität im Gebäude steckt. Nicht etwa beim Tabernakel oder dem Altar, sondern bei der Dachkonstruktion. «Obwohl die Kirche keinen Firstbalken aufweist, ist das ganze Dach selbsttragend.» Das sei eine Rarität. Dieses «Getragen-Werden» zeigt sich auch im Leben: «Manchmal hat man im Leben das Gefühl, niemand ist da und niemand trage einem. Und dennoch geht es. Dennoch werden wir alle gehalten», sagte Gaio.
Iffelen-Umzug in Hünenberg
Der Besuch in der Kirche St. Wolfgang war bewusst gewählt. Denn in Hünenberg gibt es ebenfalls einen Iffelen- und Chlausumzug. Dieser findet am 4. Dezember statt. «Ich hoffe, dass die Lernenden, die dabei sind, die Iffelen mit anderen Augen betrachten werden. Nun können sie die gotischen Muster erkennen und wissen, welch sorgfältige Arbeit dahintersteckt.»
Hier können Sie den Brauch des Chlausjagens und der Iffelen miterleben
- In Hünenberg: Donnerstag, 4. Dezember 2025. 18.45 Uhr Samichlaus-Feier in der Kirche Heilig Geist, anschliessend Bescherung der Kinder. 19 Uhr Besammlung der Umzugsformation an der Zentrumstrasse. 19.30 Umzugsbeginn.
Weitere Infos: https://www.zg.ch/behoerden/gemeinden/hunenberg/de/gemeinde/freizeit-und-kultur/Anlaesse-events/iffelen-und-chlausumzug - In Küssnacht: Freitag, 5. Dezember 2025. Um 20.15 Uhr erlischt im Dorf Küssnacht die Strassenbeleuchtung. Dann beginnt der Umzug.
Weitere Infos: https://www.klausjagen.ch/daten-und-route/


