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«Offenheit, Herzlichkeit und Engagement» 100 Tage Gemeindeleiter Mario Stöckli

Seit dem 1. August ist Mario Stöckli neuer Gemeindeleiter der katholischen Pfarrei Oberägeri. Im Interview blickt er auf seine ersten 100 Tage im Amt zurück und erzählt von berührenden Momenten, Herausforderungen – und seiner Vision für die Kirche vor Ort.

Mario Stöckli, 100 Tage sind vergangen – wie haben Sie Ihren Einstieg in die neue Aufgabe erlebt?

MARIO STÖCKLI: «Sehr wohlwollend und herzlich. Ich erlebe die Menschen in Oberägeri als sehr hilfsbereit und offen. Natürlich ist der Beginn in einer neuen Leitungsfunktion herausfordernd, aber ich nehme mir bewusst die Zeit, gut anzukommen und die Pfarrei kennenzulernen.»

Gab es einen Moment in den letzten Wochen, der Sie besonders berührt oder überrascht hat?

«Die Einsetzungsfeier am 24. August hat mich sehr berührt. Es war schön zu sehen, mit wie viel Wertschätzung und Engagement sie vorbereitet wurde. Besonders gefreut hat mich die Überraschung meines Teams: Sie organisierten ein «Mönschetöggele», ein Spiel, das auf mein Hobby – das Fussballspielen – anspielt. Die Pfarreiangehörigen machten begeistert mit.
Ein weiterer Höhepunkt war und ist für mich, dass ich als Gemeindeleiter in Oberägeri nun selbst taufen kann. Drei Taufen durfte ich bereits feiern. Es hat mich sehr bewegt, dabei auch die Kinder aktiv in die Feier einzubeziehen.»

Nach der Einsetzungsfeier von Mario Stöckli: Beim Spiel «Mönschetöggele» hielten sich die Pfarreimitglieder und Mitfeiernden an Stangen fest und spielten auf diese Weise Fussball – fast wie in einem herkömmlichen Töggelikasten. Quelle: Thomas Betschart

Welche Erfahrungen aus Ihrer bisherigen beruflichen Laufbahn konnten Sie in die neue Aufgabe einbringen?
«Ich bringe Arbeitserfahrungen aus ganz unterschiedlichen Lebensbereichen und Welten mit: aus Ecuador und aus dem Aargauer Limmattal. Während neun Jahren arbeitete ich in Wettingen und Würenlos als Pfarreiseelsorger und war mit komplexen Herausforderungen beschäftigt, oft auch im Bereich von Austritten oder Beerdigungen. Zuvor unterstützte ich die Steyler Missionare in Ecuador. Diese Erfahrung hilft mir, unsere Kirche multikulturell zu sehen und Menschen, die neu nach Oberägeri gezogen sind, entsprechend willkommen zu heissen und in der Pfarrei einzubeziehen.»

Was war bisher die grösste Herausforderung in Ihrer neuen Rolle – und wie sind Sie damit umgegangen?

«Eine Herausforderung ist es, lokale Bräuche und Gepflogenheiten kennenzulernen, die für alle selbstverständlich sind, für mich aber noch neu. So werde ich zum Beispiel am 5. Dezember das erste Mal den Brauch der Chlausrotten miterleben. Es ist mir wichtig, solche Traditionen wertzuschätzen und sie in meiner Arbeit einzubeziehen– das fördert die Zusammenarbeit und das gegenseitige Verständnis.»

Mit welchem Ziel oder mit welcher Vision sind Sie angetreten?

«Ich möchte den Glauben auf eine niederschwellige Weise an junge Menschen und Familien herantragen – besonders auch an jene, die kirchlich nicht sozialisiert sind. Mein Ziel ist es, ihnen zu zeigen, wie der Glaube das Leben bereichern kann.

Was meinen Sie mit «niederschwellig»?

«Glaubenszugänge sollen lebensnah und einfach gestaltet sein – etwa durch erlebnispädagogische Angebote. Ein Beispiel ist ein Waldspaziergang für Familien mit spirituellen Impulsen. Ich möchte einen menschnahen, unkomplizierten Zugang zum Glauben und zu Gott ermöglichen.

Welche Themen oder Projekte liegen Ihnen besonders am Herzen?

«Die Familienarbeit mit kleinen Kindern sowie die Jugend- und junge Erwachsenenarbeit. Besonders wichtig für sie sind freundliche Räume, die genutzt werden können, sowie die Vereinbarkeit mit dem Beruf. Zugleich liegt mir auch die Seniorenarbeit am Herzen, bei der ich die Gemeinschaft und Möglichkeiten zum Austausch weiterhin pflegen möchte.»

Wo sehen Sie die grössten Chancen für die Kirche in einer zunehmend säkularen Gesellschaft?

«Viele Menschen verstehen die Abläufe und liturgische Sprache nicht mehr. Das ist eine grosse Hürde – aber auch eine Chance: Wenn wir es schaffen, liturgische Feiern verständlicher zu machen, ohne sie zu verfälschen, können wir wieder mehr Menschen erreichen.
Ich denke zum Beispiel an interaktive Elemente wie das Weitergeben eines Ballons im Gottesdienst oder andere Formen der Partizipation. Ein Gottesdienst sollte nicht immer nur ein Monolog des/r Liturgen/in sein, sondern auch eine Möglichkeit des Dialogs – ein gemeinsames Feiern.»

Wenn Sie die letzten 100 Tage in drei Worten zusammenfassen müssten – welche wären das?

«Offenheit, Herzlichkeit und Engagement.»